Das "EXTRA"-Spezial "Die Nacht der Ohnmacht - Wie Silvester in Köln außer Kontrolle geriet" am Montag, 12.12., 22.15 Uhr, rekonstruiert die Chronologie einer Nacht, die weltweit für Entsetzen sorgte. Die Autoren Markus Brauckmann und Christian Wiermer (Kölner EXPRESS) beleuchten die Fehlentscheidungen und Pannen, sowohl im Vorfeld als auch an Silvester selbst. Erstmals im deutschen Fernsehen präsentieren sie dazu Original-Mitschnitte aus dem Polizei-Funkverkehr. Die Gespräche belegen, wie unvorbereitet, hilflos und überfordert die Polizei in dieser Nacht war. Eine weitere Besonderheit der RTL-Dokumentation sind die Tondokumente von eingehenden Notrufen der Opfer bei der Kölner 110-Leitstelle. Sehr drastisch dokumentieren sie auch ein Jahr nach der Kölner Silvesternacht das ganze Ausmaß der Empörung und Verzweiflung junger Frauen und Männer, die gerade sexuell belästigt bzw. beklaut wurden. RTL gelang es sogar, mit einigen der jungen Menschen, die hinter diesen Notrufen stehen, Kontakt aufzunehmen. In der Dokumentation sprechen sie noch einmal über ihre Erinnerungen an die verstörenden Ereignisse. 

Da ist der Notruf von Lisa, eingegangen um 23.28 Uhr: „Wir sind gerade in Köln und wir sind gerade durch den Hauptbahnhof durch den Eingang gelaufen und da stehen lauter Leute. Und wenn man da durchläuft, dann begrapschen die einen und langen unters Kleid und alles, aber so richtig. Ziehen einen mit und lassen einen nicht los.“ Später konkretisiert sie im RTL-Interview: „Also es sind Hände von überall gekommen. Die haben einem an die Brüste gefasst, die haben uns in den Schritt gelangt, die Hände konnte man nicht abwehren. Wenn man die eine los hatte, kam wieder eine andere. Mein Kleid war bis zum Bauchnabel hochgezogen Ich habe es auch gleich wieder runter gezogen.“

Ein Funkspruch der Polizei gegen 22.30 Uhr dokumentiert die ganze Hilflosigkeit vor Ort. „Nach wie vor sind da über 1000 Personen. Zu zweit können wir da wenig reißen.“ 

Später in der Nacht, gegen 1.00 Uhr, zeugt der Mitschnitt eines Notrufs vom ganzen Frust auf allen Seiten. Der Anrufer fordert eine stärkere Polizeipräsenz auf dem Bahnhofsvorplatz und wird von einem Polizisten zunächst darauf hingewiesen, dass bereits Polizeikräfte vor Ort seien. Dann kommt es zu folgendem Dialog: Anrufer: 

„Ich habe keinen Einzigen am Eingang gesehen. Da ist eine Meute von 100 Leuten, die die Leute angreifen.“ Polizist: „Da wir nicht 120-, 100- oder 20- oder 500.000 Polizisten dort herumlaufen haben, sondern nur einige 100, werden wir natürlich nicht überall sein können.“ Anrufer: „Das ist mir scheißegal, dann muss man da einfach mal rigoroser vorgehen […].“ Polizist: „Wie reden Sie mit mir? So führe ich das Gespräch nicht fort. Entweder reden Sie vernünftig mit mir oder gar nicht. [..].“

Auch Michaela H. gerät in der Kölner Silvesternacht in Bedrängnis. Auf dem Weg zurück von einem Imbissladen zu einer Party geht sie mit ihren Freundinnen über den Bahnhofsvorplatz. Auf dem Hinweg ist sie in einem Überwachungsvideo deutlich zu erkennen. Im RTL-Interview erinnert sie sich später: „Dann standen auch schon 20, 30 Männer um mich rum und ja, dann ist das halt passiert. Dann hatte man halt überall Hände an sich. Man wurde begrapscht, man wurde beklaut, man konnte nichts dagegen machen, wortwörtlich, weil man so eingeengt war und so unter Schock stand. Irgendwann endet das Martyrium auf dem Platz – ein Ausländer befreit sie aus der Menge. Danach bittet Michaela die Polizei um Hilfe. An die Antwort erinnert sie sich genau: Sie solle morgen wieder kommen! Manuela H.: „Ich war schockiert. Also da wendet man sich schon an die Polizei, die einem eigentlich helfen sollte und dann bekommt man so eine Aussage zu hören. Dann war ich wieder auf mich alleine gestellt.“

Die Recherchen zu der RTL-Dokumentation erstreckten sich über das ganze Jahr. Um die beispiellosen Versäumnisse aufzuarbeiten, sprachen die Autoren neben Opfern und Augenzeugen der sexuellen Übergriffe auch mit ranghohen Polizisten und politischen Entscheidungsträgern: Ralf Jäger (SPD), NRW-Innenminister; Henriette Reker, Oberbürgermeisterin Köln; Ina Scharrenbach (CDU), Obfrau Untersuchungsausschuss; Simone Brand (Piraten), Mitglied Untersuchungsausschuss; Arnold Plickert, Gewerkschaft der Polizei, NRW; Rudolf Egg, Kriminologe und Gutachter des Untersuchungsausschusses; Thomas Schulte, Leiter der Ermittlungsgruppe ‚Neujahr‘; Dieter Romann, Präsident Bundespolizeipräsidium; Ernst Walter, Vorsitzender Bundespolizeigewerkschaft; Jürgen Mathies, Polizeipräsident Köln. 

Entstanden ist diese Dokumentation in Zusammenarbeit mit Christian Wiermer, Chefreporter des Kölner „EXPRESS“. Christian Wiermer: „Über kaum ein Ereignis ist 2016 so intensiv und kontrovers diskutiert worden wie über diese Nacht. Dennoch sind wir überzeugt, dass wir mit unseren Recherchen neue Erkenntnisse zu Tage gefördert haben, die ein anderes Schlaglicht auf das Chaos und die Pannen in der Kölner Silvesternacht werfen werden.“ So dokumentieren die Recherchen u.a. minutiös, dass es an diesem Abend frühzeitige Hinweise auf eine Eskalation auf dem Bahnhofs-Vorplatz gab, die aber von der Polizei nicht hinreichend ernst genommen wurden. Die Dokumentation wird im Rahmen des RTL-Thementages 'Wie sicher ist Deutschland?" ausgestrahlt. Direkt im Anschluss beschäftigt sich der Talk "Der Heiße Stuhl" mit dem Thema.

Autoren: Markus Brauckmann und Christian Wiermer. Produzent: LAMBDA Stories & News GmbH im Auftrag von infoNetwork.

Foto: © RTL